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Befragung der Angeklagten

Leilya Mendara @, Saturday, 13. November 2010, 23:06 @ Ajiru Rasael

Einen kurzen Moment lang erwiedert Leilya den Blick des Wesirs, noch immer ein wenig blass, doch nickt sie dann leicht und wendet sich ab, um nach unten auf die Angeklagte zu blicken. Wer war sie, ihm zu widersprechen, wenn er sagt, dass es die Pflicht gebietet? Einen kurzen Moment fragt sie sich innerlich, wie eine Frau nur ihr eigenes Kind umbringen kann und das hübsche Gesicht der jungen Blonden verzieht sich in Abscheu. Doch sie musste fair sein und gerecht, sie durfte nicht zeigen, was sie empfand. So beugt sie sich leicht vor und blickt die Frau direkt an, ehe sie das Wort erhebt: "Man sagt, dass ihr euch nicht daran erinnert, euren Sohn umgebracht zu haben. Ist das richtig? An was erinnert ihr euch?" Die Angeklagte hebt den Kopf nur leicht an als sie von Leilya angesprochen wird. Sie zuckt mit den Schultern. Ihre leise Stimme ist kaum zu hören. "Ich bin schlafen gegangen wie jeden Tag. Ich...ich schlafe allein...Sebald lag in seiner Wiege...ich schlief in dieser Nacht fest...er schrie auch nicht. Ich...ich weiß nicht, als ich aufwachte..." Sie bricht ab und schüttelt sich. "Als ich aufwachte war er tot...erdrosselt mit der Kordel meines Hausmantels."

"Ihr wart alleine in eurem Schlafgemach? Wo war denn euer Gemahl zu dieser Zeit? War das Zimmer verschlossen?" Estrit senkt den Blick, die Antwort ist ihr wohl peinlich. "Mein Gemahl....er schläft nicht bei mir." Sie flüstert es fast und schüttelt dann den Kopf. "Nein das Zimmer ist immer offen." "Wieso schläft euer Gemahl denn nicht bei euch?" fragt Leilya dann ziemlich direkt nach, war das aber auch die erste Frage, die ihr in diesem Moment einfiel, sah die junge Frau dort unten doch durchaus ansehlich aus, auch nach einigen Monaten im Kerker. Estrit hingegen scheint nun gänzlich um ihre Fassung gebracht worden und bricht in Tränen aus "...weil...weil...Sebald nicht sein Sohn ist." Fast tonlos dringen ihre vom Schluchzen unterbrochenen Worte ans Ohr der Kronrätin. Leilya blickt die junge Frau an und fragt dann direkt: "Wer ist der Vater?" Estrit hebt den Kopf und schaut Leilya an. Ihre Augen sind geweitet und ein Zittern durchläuft den mageren Körper. Ihr fahriger Blick richtet sich in die Ferne, als sie den Kopf schüttelt. "Ich weiß es nicht, es waren..." Sie bricht ab und ihr Körper wird von heftigem Schluchzen geschüttelt "...viele." Dann senkt sie wieder den Kopf

Die Augen der Kronrätin weiten sich schlagartig, als ihr die Erkenntnis kommt, was passiert war. Ihre Stimme zittert vor Aufregung: "Das ist bei eurer Entführung passiert?" Ein Ruck geht bei dieser Frage durch die junge Frau, sie hebt den Kopf und schaut die Kronrätin wieder an. Womöglich findet sie hier das erste Mal jemanden, der ihr wirklich zuhören will. "Ja...bei der Entführung...und das Kind...mein Sohn...mein Mann hat es mir nicht verziehen und meine Schwiegereltern wollten diesen Erben auch nicht akzeptieren." Mitleidsvoll blickt Leilya Estrit an und nickt nur leicht, doch fragt sie erstmal nicht mehr weiter nach, sondern drückt ihr Bedauern aus: "Das tut mir sehr leid." Kurz schweigt sie. "Sagt mir, war am Abend vor dem Tod eures Sohnes etwas seltsam, war etwas anders als sonst, ist euch etwas merkwürdiges aufgefallen?" Estrit schüttelt den Kopf. "Nein. Es war ein schöner Abend. Meine Schwiegermutter war sehr nett, brachte mir warme Milch mit Choney und dem Jungen gab sie auch zu trinken. Ich war...glücklich...und dann..." Wieder bricht die junge Angeklagte in Tränen aus.

Leilya wartet einen Augenblick, bis sich Estrit wieder etwas beruhigt hat. "Und danach ging es euch gut? Ihr habt tief und fest geschlafen habt. Euer Sohn hatte ja offenbar auch gut geschlafen? War eure Schwiegermutter häufiger so freundlich zu euch und hat sich um euch gekümmert?" Estrit schluchzt noch etwas und nickt dann. "Ja ich habe gut geschlafen...weil ich mich so gefreut habe, das wir uns wieder näher gekommen sind. Vorher hat sich niemand um mich gekümmert." "Ihr habt also in dieser Nacht besser geschlafen als sonst?", fragt Leilya weiter. Estrit nickt. "Ja sehr viel besser...das Kind ist ja sonst noch häufig aufgewacht...in dieser Nacht war alles anders." Sie schaut die Kronrätin hilflos an. "Ich zermartere mir meinen Kopf, aber ich weiß einfach nicht was passiert ist...ich weiß es nicht..."

"Ich habe genug gehört", verkündet die junge Kronrätin in diesem Augenblick laut. "Ich möchte nun die Familie eures Ehemanns befragen, zuallererst rufe ich eure Schwiegermutter als Zeugin auf!" Einer der Büttel tritt zögerlich an Leilya heran und beugt sie zu ihr hinab, um ihr etwas zuzuflüstern, wobei die junge Kronrätin etwas irritiert wirkt, dann wendet sie sich mit gesenkten Blick an den Wesir: "Euer Exzellenz, es scheint als wäre der Ehemann dieser Frau und dessen Familie heute nicht hier anwesend. Doch werde ich kein Urteil fällen, ohne sie dazu befragen zu können. Ich bitte euch, dafür zu sorgen, dass auch sie hier erscheinen." Abwartend blickt sie zu Ajiru auf.

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