Traurige Klänge (Untermarkt)
Es ist spät am Tag, die Stunde des Chiskel bereits fortgeschritten und es wird nicht mehr lange dauern, bis das Licht der Soa erlischt.
Eine einsame Gestalt sitzt am Strand auf einem Felsen, eine Laute auf dem Schoß, und eine traurige getragene Weise erklingt leise über das Rauschen des Metchà hinweg. Eine ganze Weile sitzt sie dort und spielt, hebt hin und wieder den Blick gen Metchà, nur um ihn beim Anblick der Palisade wieder sinken zu lassen...
Traurige Klänge
Leise knirscht der Sand zwischen Lynneas Zehen, als diese sich nähert und schließlich unbemerkt hinter der ins Spiel vertieften Erià stehen bleibt. Einige Atemzüge verharrt die junge Künstlerin dort reglos, den Kopf leicht schief gelegt, die Augenbrauen nachdenklich gekräuselten und lauscht der traurigen Lautenmusik, während ihr Blick gedankenverloren und unfokussiert auf der zierlichen Gestalt vor sich ruht.
Erst nachdem die Apothekerin eine kurze Pause einlegt, scheinen ihre Smaragdaugen sie wirklich zu fixieren. Sanft, fast nervös beißt sie sich auf die Unterlippe, bevor sie sich sich ganz sacht und seltsam betreten räuspert.
"Darf ich mich zu dir setzen?", fragt sie plötzlich kaum hörbar, die eigene Stimme selbst von einer ungewohnten Traurigkeit belegt. "Ich bin auch ganz ruhig.", setzt sie schließlich noch kleinlaut hinzu und senkt den Blick zu ihrem verlegen im Sand scharrenden Fuß.
Traurige Klänge
Die Ashrabadi blickt auf und ihre Augen weiten sich, als sie Lynnea erkennt. Nur kurz trifft ihr Blick den der anderen Frau, ehe er wieder auf den Sand flieht. Sie nickt aber wortlos und rutscht ein Stück, damit Lynnea sich neben sie setzen kann.
"Du mußt nicht ruhig sein", sagt sie schließlich leise und greift wieder in die Saiten, um eine neue Melodie zu spielen, nicht weniger schwermütig als die Klänge zuvor.
Traurige Klänge
Nicht nur die Tätowiererin ist von diesen schwermütigen Klängen angelockt worden. Die Füße der hochschwangeren Tischlerin sind der Melodie gefolgt, einfach so. Und als sie verklingt, da bleibt sie stehen, sieht sich um, als müsse sie sich orientieren und auch ihr Blick gleitet zu der verhassten Palisade. Der Metcha wird von ihr verborgen, sie soll schützen und doch verursacht sie nur mehr beklemmende Enge. Sie sind hier gefangen, denn von allen Seiten droht Gefahr und was mit jenen ist, die nicht innerhalb der der festen oder provisorischen Mauern der Stadt sind, das ist ungewiss. Unbewusst streicht sie über ihren Bauch, als wolle sie das Kind darin beruhigen. Ihr Blick sieht eine Ferne, die nur in ihrem Kopf ist, als Eria die nächsten Töne spielt. Das blaue Wasser. Die rauen Wellen mit ihren weißen Schaumkronen. Die Gischt, die den Seeleuten in die gegerbten Gesichter weht.
Traurige Klänge
Lynnea nickt sacht, erwidert jedoch nichts. Schnell ist der Felsen, auf dem die Ashrabadi sitzt, erklommen und schon lässt sich die junge Tätowiererin neben Erià nieder, die Beine vom Gestein baumelnd, die Hände verlegen im Schoß verschränkt.
Einen Moment betrachtet sie von der Seite aus das stoisch versonnen Antlitz der zierlichen Frau neben sich, bevor auch ihr Blick gen Ferne wandert und sie betrübt die Unterlippe vorschiebt. Es dauert nicht lange, da trüben sich die smaragdnen Augen der Künstlerin. Zärtlich schlingt sie ihre schmalen, bunt bemalten Arme um sich selbst und lehnt sich vorsichtig zur Seite, um ihren Kopf unbefangen und federleicht auf der Schulter der Apothekerin zu legen.
"Du spielst so schön.", flüstert sie ganz leise und zieht verhalten die Nase hoch.
Traurige Klänge
"Ach was..." Die Stimme der Apothekerin ist fast ebenso leise und einen Moment lang läßt sie ihren Kopf leicht gegen Lynneas sinken.
Eine Weile noch spielt sie weiter und fast unmerklich werden die Melodien zwar nicht fröhlicher, aber doch etwas leichter. Als die Soa verlischt und oben in der Stadt die Stunde der Mra-Aggar eingeläutet wird, läßt sie die letzten Töne sanft ausklingen. "Wollen wir ein Stück spazieren gehen?" fragt sie leise, in die nun entstandene Stille hinein, die nur vom gleichmäßigen Rauschen des Metchà unterbrochen wird.
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